Die Niedrigenergiebauweise ist bereits Standard

Bei dem Wort Niedrigenergiehaus denken viele an ein extravagantes Haus, das mit viel aufwendiger Technik wie Sonnenkollektoren, Solarzellen, transparenter Wärmedämmung, Erdspeichern oder sonstiger Technologie ausgerüstet ist und bereits schon äußerlich aus dem Rahmen fällt. Man denkt an Solarhäuser, welche mit großen Glasflächen an der Südseite die Sonnenwärme einfangen.

Im Normalfall unterscheidet sich ein Niedrigenergiehaus jedoch nicht von einem konventionellen Haus und ist auch nicht viel teurer. Seine wichtigsten Voraussetzungen sind eine gute Wärmedämmung und Luftdichtheit, welche unsichtbar in den Wänden stecken. Nahezu unsichtbar bleibt auch die Technik, welche für den notwendigen Luftaustausch und das Wohlbefinden der Bewohner sorgt.

Im Wesentlichen besteht der Unterschied zum konventionellen Haus darin, dass ein Niedrigenergiehaus die neuesten Vorschriften zur Energieeinsparung erfüllt. Diese Bestimmungen sind in der Energieeinsparverordnung (EnEV) festgelegt.

Seit Anfang der achtziger Jahre wurden die gesetzlichen Anforderungen dreimal verändert. Ein Niedrigenergiehaus von damals muss deshalb nicht den heutigen Standards entsprechen. Der Großteil der so genannten Bestandsimmobilien erfüllt weiterhin nicht einmal die Anforderungen der ersten Wärmeschutzverordnung. Westdeutsche Wohnhäuser aus den 1960er und 1970er Jahren benötigen jährlich etwa 300 Kilowattstunden pro Quadratmeter Wohnfläche. Noch in den neunziger Jahren wurden im Durchschnitt jährlich 220 Kilowattstunden zur Beheizung eines Quadratmeters Wohnfläche verbraucht. Damit lag der Durchschnittsverbrauch erheblich über den Werten der 1995 für Neubauten erlassenen zweiten, bis 31. Januar 2002 geltenden, Wärmeschutzverordnung (WSVO 95), die neuen Gebäuden nur 90 bis 120 Kilowattstunden zugestand. Der Heizwärmebedarf der deutschen Wohnhäuser lag 2002 durchschnittlich bei etwa 160 kWh/(m²a).

Um den Standard ‚Niedrigenergiehaus‘ zu erreichen, durften nach der ersten Fassung der Energieeinsparverordnung (EnEv 2002) jährlich ’70 kWh/(m²) Heizwärmebedarf nicht überschritten werden. Die EnEv wurde seitdem mehrfach novelliert, die derzeitige Fassung trat am 1. Mai 2014 in Kraft.

Im Rahmen des ersten Konjunkturpakets der Bundesregierung hat die KfW Förderbank ihre Programme für energieeffizientes Bauen und Sanieren seit Januar 2009 deutlich ausgeweitet.

In der Bauwirtschaft gibt es eine Vielzahl von Energiestandards und Bezeichnungen. Diese sind teilweise durch Verordnungen und Normen festgelegt. Viele Standards sind inzwischen mittels Zertifizierungs- und Qualitätssicherungsangeboten dokumentiert; einige übliche und allgemein anerkannte Standards bezeichnen Förderstufen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).

Energiestandards für Deutschland

Passivhaus

Der Standard Passivhaus legt einen Heizwärmebedarf von maximal 15 kWh/(m²a) sowie einen Primärenergiebedarf, einschließlich des Haushaltstroms, von unter 120 kWh/(m²a) fest. Der Flächenbezugswert ist die beheizte Wohnfläche nach Wohnflächenverordnung (WoFlVO).

Nullenergiehaus

Der Nullenergiehaus-Standard kommt im Jahresmittel ohne Netto-Energiebezug von außen aus.

Plusenergiehaus

Beim Plusenergiehaus-Standard erfolgt im Jahresmittel eine Netto-Energielieferung nach außen. Ein solches Haus ist dazu mit zahlreichen Solarzellen zur Stromerzeugung ausgestattet; weitere Anlagen sind Sonnenkollektoren, Wärmerückgewinnung und Erdwärmeübertrager.

KfW-Effizienzhaus 40 (EnEV 2009)

Der Jahres-Primärenergiebedarf darf maximal 40 % und der Transmissionswärmeverlust darf maximal 55 % der nach EnEV 2009 zulässigen Werte erreichen. Dies ist momentan der Förderstandard mit den höchsten Anforderungen. Der Tilgungszuschuss beträgt für Neubauten aktuell 10 % der Darlehenssumme (Stand: 1. Juli 2010).

KfW-Effizienzhaus 55 und Passivhaus (EnEV 2009)

Der Jahres-Primärenergiebedarf darf maximal 55 % und der Transmissionswärmeverlust darf maximal 70 % der nach EnEV 2009 zulässigen Werte erreichen. Passivhäuser werden gefördert, wenn folgende Bedingungen erfüllt werden: Sowohl der Jahres-Primärenergiebedarf (Qp) als auch der Jahres-Heizwärmebedarf (Qh) müssen nach dem Passivhaus Projektierungspaket (PHPP) durch einen Sachverständigen nachgewiesen werden. Grundsätzliche Voraussetzung für eine Förderung ist, dass der Jahres-Primärenergiebedarf (Qp) nicht mehr als 40 kWh pro m² Gebäudenutzfläche (AN) und der Jahres-Heizwärmebedarf (Qh) nach PHPP nicht mehr als 15 kWh pro m² Wohnfläche betragen. KfW-Effizienzhäuser 55, nach EnEV 2009, können ab dem 1. Juli 2010 beantragt werden. Dies ist momentan der höchste Förderstandard für Sanierungen mit einem Tilgungszuschuss von aktuell
15 % der Darlehenssumme (Stand: 1. Juli 2010).

KfW-Effizienzhaus 70 (EnEV 2009)

Der Jahres-Primärenergiebedarf darf maximal 70 % und der Transmissionswärmeverlust darf maximal 85 % der nach EnEV 2009 zulässigen Werte erreichen. Die Förderung der Passivhäuser besteht weiterhin. KfW-Effizienzhäuser nach EnEV 2009 dürfen seit 1. Oktober 2009 beantragt werden.

KfW-Effizienzhaus 85 (EnEV 2009)

Der Jahres-Primärenergiebedarf darf maximal 85 % und der Transmissionswärmeverlust darf maximal 100 % der nach EnEV 2009 zulässigen Werte erreichen.

X-Liter-Häuser

Hier wird der Heizenergiebedarf in Litern Heizöläquivalent definiert. Eine sehr konkrete und plakative, allerdings auch unpräzise Bezeichnung. Oft wird für Niedrigenergiehäuser als 3-Liter-Haus geworben, dieser Wert ist aber nur mit sorgfältiger Planung und umfangreichen Maßnahmen zu erreichen. Zum Vergleich: Ein Passivhaus kommt im Jahr mit weniger als 1,5 l Heizöläquivalent/m² Wohnfläche für die Heizung aus.